Anette schreibt

München regt mich zum Schreiben an! Hier möchte ich mit Ihnen Gedanken und Überlegungen in Essais und Gedichten teilen, die als neuer Baustein künstlerischer Kulturvermittlung entstanden sind. Das Erlebnis des Spaziergangs entsteht und vergeht. Nur die Erinnerung bleibt. Diese Texte erweitern den Raum des Austauschs zeitlich.

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  1. 1
    St. Elisabeth Raumgedanken (2019)

    ST. ELISABETH — EINE KIRCHE. EIN RAUM. VIELE PERSPEKTIVEN

     

    Raum für Stille
    Raum für Musik
    Raum für das Wort

    Raum für Kunst
    Raum für Leere
    Raum für Fülle

    Raum für Ausrichtung
    Raum für Aufrichtung
    Raum, der in die Weite führt.

    Raum für GOTT
    Raum des Lebens
    Raum für DICH

    Raum für Tränen.
    Raum für Freude.
    Raum für Fragen.

    Raum für Zweifel
    Raum für Sprachlosigkeit
    Raum für Glaube
    Raum für Hoffnung

    Raum, der prägt.
    Raum, um neue Räume zu entdecken.
    Raum, der bleibt, auch wenn man ihn wieder verlässt.

    Raum für das ICH
    Raum für das DU
    Raum für das WIR

    Raum, um allein zu sein.
    Raum, um in Gemeinschaft zu sein.
    Raum, um mit Gott zu sein.

    Raum, der mich birgt.
    Raum, der mich öffnet.
    Raum mit Perspektive

    Raum für Botschaften
    Raum für Wandlung
    Raum für Mahlgemeinschaft

    Ereignisraum.
    Weltoffener Raum.

    Lebensraum.
    Welt öffnender Raum.

    Text: Anette Spieldiener

  2. 2
    Mitunter findet man den Schlüssel der FÜNF HÖFE, wenn man sich mit Kurdistan beschäftigt….. (2019)

    Ein Gedankenspiel zur Architekturrezeption von Anette Spieldiener
    Sommer 2016 bis 19. November 2019

    Mitunter findet man den Schlüssel der FÜNF HÖFE, wenn man sich mit Kurdistan beschäftigt… Einen Schlüssel? Ist denn dort etwas versperrt? Nicht zugänglich? Nein. Und doch: Ja! Denn ihr Konzept verschlüsseln die Architekten, nur teilweise legen sie es offen, teilweise bleibt es verschlossen. Ein Code existierte. Code-Wörter, fast ein Codesatz öffneten

    Gedankenräume. Auf der Internetseite der Architekten Jacques Herzog und Pierre De Meuron konnte man bis 2018 eine Objektbeschreibung der von ihnen gestalteten FÜNF HÖFE entdecken. 5 Wörter dienten der Vorstellung der Münchner Passage. 5 Wörter für FÜNF HÖFE. 5 — ein Zufall? Wer kommt auf die Idee, diese 5 Wörter als Zitat eines der berühmtesten französischen Philosophen des 20. Jahrhunderts zu betrachten? — Wer die kleine Passage schon einmal vor Augen hatte, erinnert sich vielleicht wieder an sie. Aber wer liest schon Michel Foucault von A bis Z? Es sei denn, man beschäftigt sich mit Kurdistan. Kurdistan? Ja! Richtig gelesen! Manchmal muss man den Blick auf einen Ort richten, der 3800 km entfernt im so Nahen Osten liegt…..

    II

    Sommer 2016 — Ein Freund von mir schreibt seine Doktorarbeit. Eine Arbeit über sein eigenes Theaterprojekt in Kurdistan. Das auch von ihm geschriebene Stück und seine Aufführung haben therapeutische Qualität. Sie richten sich an Menschen, die keine Möglichkeit hatten, ihre seelischen Wunden zu heilen. Der Theatertext, den der Freund verfasst hat, hält die Erinnerung wach an schlimmste Erfahrungen von Menschen unter Saddam Hussein. Im Jahr 2007 wurde das Theaterprojekt in Kurdistan durchgeführt, als Erinnerungsarbeit. Es mündete in die Aufstellung eines Denkmals für die Opfer eines Dorfes. Teil dieses Denkmals ist eine Kugel, die aus vielen vielen kleinen Spiegeln besteht. Wir im Westen kennen solche Kugeln als Diskokugeln. Aber dies ist unsere Perspektive. 3800 km südöstlich von uns bringt man diese Kugel nicht mit einer Diskothek in Verbindung. In 3800 km Entfernung spiegelt die Kugel die Sonne, den Mond, die Sterne, die Bäume und die Erde. Rund um die Uhr, auch die Menschen, die kommen, um an diesem Ort ihrer toten Angehörigen zu gedenken. Jedes Schicksal wie eine kleine Spiegelscherbe. Hielte man sie in der Hand, könnte es weh tun, die scharfe Kante sich allzu leicht in das Fleisch verirren, aber oben in der Kugel des Denkmals vereinen sich die Schicksale und haben ihren Platz. Sie spiegeln einfach. Die vielen kleinen Spiegel spiegeln die sie umgebende Natur hundertfach, vielleicht tausendfach.

    Der Freund beginnt sich nun für seine Dissertation theoretisch mit Spiegeln auseinanderzusetzen, und mit den Räumen, die uns die Spiegel zeigen — oder nur vorgaukeln? Tief taucht er in das Thema „Utopien“ ein und liest dazu unterschiedlichste Literatur.

    III

    Irgendwann erzählt er von einem Text von Michel Foucault

    (1926-1984). „Andere Räume“ lautet der Titel der deutschen Übersetzung. „Ein interessanter Text“ wie er sagt. Bald folgen Kopien und die Aufforderung an unsere gemeinsame Freundin und mich, diese zu lesen. Die Lektüre wird uns sehr ans Herz gelegt, um zusammen darüber zu diskutieren, um uns auszutauschen.

    IV

    Ich fange also an zu lesen und schon nach der ersten Seite fällt mir wie Schuppen von den Augen: Dies muss der Schlüssel der FÜNF HÖFE sein. Rein intuitiv. Und ich lese weiter. Ein Gefühl stellt sich ein, dass es einen Zusammenhang geben muss zwischen Text und Architektur, zwischen den bei Foucault beschriebenen Phänomenen „Utopie“, „Heterotopie“ — was für ein Begriff! —, dem Mittelding oder der Mittelerfahrung zwischen „Utopie“ und „Heterotopie“ unserem guten, altbewährtem „Spiegel“ und den Gestaltungselementen der FÜNF HÖFE. Bäume, Reihen, Spiegel, Schiffe, Netze… Nirgends jedoch in der Literatur über die FÜNF HÖFE taucht ein Hinweis auf einen möglichen Foucault-Bezug auf. Vielleicht auf der Homepage der Architekten? Dort wäre ja der naheliegende Ort für eine Erläuterung des Architekturkonzepts. Und: Siehe da! Ohne Hinweis auf Foucault fanden (!) sich exakt folgende 5 Wörter aus dem Aufsatz „Andere Räume“. System von Öffnungen und Schließungen. Eins, zwei, drei, vier, fünf Wörter. Klingt lapidar. Sie sind aber ein bisher unentdeckter Schlüssel, um diesem Stadtraum mehr abgewinnen zu können als Shopping, Hypokunsthalle und Hyperkulinarik.

    Halten wir fest: Das Wiedererkennen dieser Minipassage aus dem Foucault-Text wurde ermöglicht durch meine zuvor erfolgte Lektüre, um sich mit der Freundin und dem Freund über dessen
    Denkmalkonstruktion mit den vielen hunderten Spiegeln im 3800 km entfernten Kurdistan für die Opfer eines verbrecherischen Regimes austauschen zu können. Zufall?

    2018 wurde die Internetseite von Herzog & de Meuron aktualisiert. Das eindeutige Foucault-Zitat verschwand wieder. Oder doch nicht ganz? Auf der neugestalteten Seite findet es sich entfernt wieder in dem Satz

    „(…) the building oscillates between open and closed (…)“.[1]

    V

    Austausch öffnet Türen. In dem Falle die 5 Türen der FÜNF HÖFE. Und dahinter entdeckt man plötzlich 5 Botschaften. Austausch öffnet die Sinne. Und im Falle der FÜNF HÖFE 5 Sinne, denn hinter den Türen verbergen sich Texte, die das Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen betreffen. Wir haben also in München nicht nur ein Kaufhaus der Sinne — Beck am Rathauseck — sondern auch eine Passage der Sinne, die wirklich Sinn macht! Austausch bringt Begegnung. Auf dem Weg vom Ich zum Du ändern sich Perspektiven. „Wenn die Wand des Nachbarn brennt, dann geht es um deine Sache.“ Ja, dann geht Dich das Feuer nebenan Horaz zufolge sehr wohl etwas an.

    Wo ist heute eigentlich „nebenan“ zu verorten? Ein Blick auf Ólafur Elíassons stählernes Kugelnetz im Viscardihof macht nachdenklich: „Sphere“! Alles ist verbunden. Distanzen zerfließen. Vielleicht ist der Nachbar am sogenannten Ende der Welt viel näher als gedacht? Vernetzt über fünf Ecken? — Wege und Umwege verflechten uns und erweitern den Horizont. Intensiver und schneller als gedacht erreicht man sein ungeahntes Ziel! Verknüpft mit dem schönen Gefühl einer plötzlichen Überraschung, einer überraschenden Erkenntnis, eines erkennbaren Zusammenhangs, einer zusammenhängenden Idee, einer ideenreichen Architektur!

    Und nochmal Kurdistan!

    Es war einmal ein König in Babylon. Er heiratete eine Mederprinzessin. Doch trotz aller Liebe war seine Frau traurig. Sie blickte auf die flache Landschaft vor dem Palast in Babylon und sehnte sich nach den Bergen ihrer Heimat. Aber weit und breit war kein Berg, ja nicht einmal ein Hügel zu sehen. Der König bemerkte die Traurigkeit seiner Frau. Da hatte er eine Idee. Er ließ ein terrassenartiges Gebäude  errichten und es bepflanzen mit Bäumen, Sträuchern und Blumen. Immer mehr Zweige hingen über die Terrassen herab, bald sah man nur mehr Grün, der steinerne Unterbau wurde unsichtbar. Diese künstliche und doch natürliche Welt sah aus der Ferne aus wie ein von üppigem Grün kraftvoll strahlender Berg. Gärten, die herabhängen, hängende Gärten! Eine Wunderwelt — ein Weltwunder!

    Und jetzt: Blick nach München! Mitten in den FÜNF HÖFEN hängen 5 Reihen Klematis aus luftigen Höhen anmutig herab und bilden ein grünes Dach über den Köpfen der Passanten. Dazwischen funkeln Lampen mit ihrem warmen Licht und werden von den Spiegelwänden hundertfach, ja tausendfach gespiegelt. Der realgewordene Traum und doch eine Utopie durch die Spiegelung. Und eine Reminiszenz an Babylon und die durch den grünen Berg mit seinen hängenden Gärten wieder glücklich gemachte Mederprinzessin. Eine Reminiszenz und Hommage an die Liebe, die Berge bauen und begrünen und noch viel viel viel viel viel mehr vermag…

    Gewidmet ist dieser Text dem Freund Dr. des. Hawre Zangana, der bereits 2017 an der LMU mit der Arbeit „Theater als unsichtbare Therapie. Ritual und Schauspiel in Sati / Kurdistan“ promovierte. Seine Dissertation erscheint 2020 im UTZ-Verlag unter dem Titel „Theater als therapeutische Erinnerungsarbeit anhand des Projekts Amanat in Sati / Kurdistan“.

    Literatur:

    Michel Foucault: „Andere Räume“. In: Aisthesis. Wahrnehmung heute
    oder Perspektiven einer anderen Ästhetik. Essais. Hg. von Karlheinz
    Barck, Peter Gente, Heidi Paris, Stefan Richter. Leipzig Reclam-Verlag 1991 (2. Aufl.), S. 34-46.
    Zimmermann, Martin: Die seltsamsten Orte der Antike. Gespensterhäuser, hängende Gärten und die Enden der Welt. München C.H.Beck Verlag 2018, S. 115-120.

    [1] Vgl. die Objektbeschreibung auf https://www.herzogdemeuron.com/index/projects/completeworks/
    126-150/143-fuenf-hoefe.html, zuletzt aufgerufen am 19. November 2019.

  3. 3
    Als der Himmel aufriss in einem Café in Gröbenzell (2019)

    Eine wahre Geschichte kurz vor Weihnachten 2019, die mit St. Elisabeth verknüpft ist.
    Autorin: Anette Spieldiener, Kirchenmusikerin von St. Elisabeth, Mathildenstr. 10.

    „Geschafft! Jetzt habe ich doch noch eine Stunde Zeit vor meinem Spitzweg-Vortrag in der VHS Gröbenzell.“ Die Autofahrt von der Adventskirche in Neuaubing nach Gröbenzell ging schneller als gedacht. Ich suche das leere Café gegenüber der Volkshochschule auf. Es ist bereits dunkel. Mit einem Tee gehe ich nochmals meine Unterlagen durch. Da setzt sich ein miteinander Spanisch sprechendes älteres Ehepaar zwei Plätze rechts von mir entfernt an einen Tisch. Interessiert betrachten sie meinen kleinen Bücherstapel mit Gedichten und Texten von Carl Spitzweg. Obwohl fast alle Plätze noch frei sind, steuert ein weiterer Gast in unsere Richtung. Der jüngere Mann setzt sich genau zwischen uns und stellt eine weihnachtliche Packung Niederegger Marzipan vor sich auf den Tisch.

    Der zuvor noch Spanisch parlierende ältere Herr fragt ihn neugierig: „Was ist denn da drin?“ Der jüngere Mann nimmt wegen der unvermittelten Ansprache zunächst keine Notiz. Die Frage wird wiederholt und so dreht er schließlich die Verpackung zu dem älteren Herrn, dessen Frau ungerührt ihre Käsesemmel ißt und an ihrem Latte Macchiato nippt. „Ah, Niederegger! Lübeck. Gute Firma!“ erfolgt der Kommentar von rechts. Der junge Mann nickt kurz. „Du! Afghane?“ fragt plötzlich der Senior von rechts. Der junge Mann reagiert nicht. „Du! Afghanistan!? He!“ Der junge Mann dreht sich zu ihm und erkundigt sich: „Woher wollen Sie wissen, dass ich aus Afghanistan komme?“ „Du. Typ. Afghanistan!“ „Ich komme aus Ägypten“, antwortet der junge Mann. „Kennen Sie Ägypten? Wissen Sie etwas über mein Heimatland?“ fragt der junge Mann nun selbstbewusst. Der ältere Herr murmelt ein wenig betroffen von Pyramiden und Tutanchamun. Der junge Mann hakt nach: „Und an welche Pyramide denken Sie konkret?“ Schweigen. „Wer war in Ägypten Mensch und Gott zugleich?“ Nun blickt die ältere Frau am Nebentisch zum ersten Mal von ihrem Latte Macchiato und ihrer Käsesemmel auf. Ihr Mann runzelt die Stirn. Schweigen.

    Dann wendet sich der junge Mann mir zu, während ich in einem meiner Bücher die Passage suche, in der Spitzweg den Ausbruch einer Revolution in München am Heiligen Abend 1831 beschrieb. „Wissen Sie, wer in Ägypten Mensch und Gott zugleich war?“ Ich blicke wie in der Schule von meinem Buch etwas unsicher nach oben und stammle mit fragendem Ton „Der Pharao?“ „Richtig!“ bestätigt der junge Mann. Der ältere Mann rechts wendet sich nun an mich: „Was machen Sie eigentlich hier?“ Ich schaue kurz auf meine Uhr und antworte: „Heute Nachmittag spielte ich ein kleines Adventskonzert in Neuaubing und in einer Dreiviertelstunde werde ich einen Vortrag über den Maler Carl Spitzweg halten. Ich muss noch ein Zitat von ihm hier in diesem Buch suchen.“ Doch der ältere Herr ist an der Fortsetzung unseres Gesprächs interessiert und fragt: „Haben Sie heute Bach gespielt?“ „Nein“, erwidere ich. „Ich spielte Adventslieder, bei denen die Gemeinde mitsingen konnte. >>O Heiland reiß die Himmel auf<< war darunter.“ Wieder hebt die Ehefrau des älteren Herrn den Kopf und fragt nun ihren Mann auf Spanisch, was ich gesagt hätte. Er schaut mich fragend an. „Wie könnte man denn >>O Heiland reiß die Himmel auf<< auf Spanisch übersetzen?“ „Cielo, Cielo“ sagt er zu seiner Frau. Und mir fällt ohne Spanischkenntnisse mit ein bisschen Italienisch im Hinterkopf nur ein zu ergänzen „vielleicht, aperto?“ Ich deute mit den Armen an, wie der Tau vom Himmel herabfällt. Jetzt versteht die Dame und sagt: „Oh Cristo, abre los cielos!“ „Worum geht es denn in diesem Lied?“ fragt die Frau weiter auf Spanisch und ihr Mann übersetzt. Nun bin ich in meinem Element. Ich erzähle, dass ich sehr begeistert sei von dem Lied >>O Heiland reiß die Himmel auf<<, über das ich kürzlich in der Kirche St. Elisabeth in der Mathildenstraße in München einen Vortrag gehalten habe. „Schauen Sie sich unbedingt einmal den Text genauer an“, animiere ich das Ehepaar, „die ersten drei Strophen sind von sehr viel Bewegung geprägt: Der Tau möge vom Himmel herabkommen und der Heiland möge aus der Erde hervorsprossen. Es gehe also von oben nach unten und von innen nach außen und oben.“ Die weiteren drei Strophen, bemerke ich, hätte ich bisher immer nur einseitig auf die Entstehungszeit mitten im 30jährigen Krieg bezogen. Zum Beispiel die Passage >>hier leiden wir die höchste Not, vor Augen steht der ewig Tod<<. Nun habe ich aber durch ein Buch, das die theologischen Bezüge des Textes aufschlüsselt, erfahren, dass es in diesem Adventsliedklassiker nicht nur um den Zeitbezug geht. Vielmehr steht die Doppelbedeutung des Advents im Vordergrund, der geprägt ist vom Warten auf die Geburt Christi und vom Warten auf die Wiederkunft Christi. „Und haben Sie schon einmal gezählt, wie oft in diesem Lied der Vers mit der Anrufung >>O<< beginnt, zum Beispiel >>O Heiland reiß die Himmel auf!<<, >>O Erd, schlag aus! Schlag aus, o Erd!<<? Insgesamt singen wir zehnmal >>O<<. Siebenmal adressiert an Christus, dreimal an die Erde.“ Ich halte inne und denke, „oh, jetzt ist mal wieder meine Begeisterung als Organistin für die Liedtexte mit mir durchgegangen, ob dies die Menschen überhaupt interessiert?“ Doch das Gegenteil meines Zweifels ist der Fall. Der ältere Herr steht auf, geht zu meinem Tisch und bittet mich, ihm meine Telefonnummer aufzuschreiben, er sei sehr interessiert an den Vorträgen über die Kirchenlieder in St. Elisabeth und überhaupt an einem weiteren Kontakt zu mir. „Wissen Sie, meine Frau hat immer so Angst.“ „Oh“, sage ich betroffen und erzähle, dass ich einmal in einer Predigt gehört habe, dass in der Bibel 365 Mal der Satz „Fürchte dich nicht!“ auftauche. Das sei doch vielleicht eine erste Aufmunterung, mit dieser Angst zu leben und sie zu verwandeln? Also schreibe ich dem Ehepaar meine Adresse auf.

    In der Zwischenzeit war der junge Mann verschwunden, der auch interessiert zuhörte. Nun kommt er mit zwei weißen Papierservietten zurück und beginnt sie zu falten, während ich meine Materialien für meinen Vortrag zusammenpacke. Doch der junge Mann meint, ich solle bitte noch warten, er habe noch ein Geschenk für das ältere Ehepaar und mich: Und siehe da: Aus den Servietten waren zwei weiße Kraniche geworden mit weit ausgebreiteten Flügeln. Auf einen der Flügel hatte er seinen Namen in arabischen und lateinischen Buchstaben geschrieben: Ahmad. Nun dreht er die Kraniche um und pustet Luft in ihren Leib. Unglaublich! Plötzlich werden sie fast ein bisschen lebendig und kommen nun stabil auf dem Tisch zu stehen. Unsere Augen leuchten. Ahmad meint: „Es ist ja bald Weihnachten!“. Nun brechen das Ehepaar und ich auf mit unseren Vögeln in den Händen. Ahmad bleibt im Café zurück und fragt uns noch, ob wir uns einmal hier in Gröbenzell wiedersehen, er wohne hier. Ich überlege, „Ja!“, beim nächsten Vortrag Anfang des Jahres sei ich wieder hier. „Dann wieder um 18 Uhr hier im Café?“ Ahmad nickt! Und auch das Ehepaar ist aufgeschlossen. Als das Ehepaar und ich uns dann schließlich vor der Volkshochschule verabschieden, meint der ältere Herr: „Bitte denken Sie an uns, wenn Sie jetzt in der Volkshochschule sind. Hier haben wir uns nämlich kennengelernt. Beim Spanischkurs!“ Ich schaue verwundert seine Frau an, die ja Muttersprachlerin ist. Plötzlich ermuntert mich das Ehepaar mich umzudrehen: „Schauen Sie mal dort hinüber Richtung Kirche.“ Ich traue meinen Augen nicht. Während ich meinen Kranich in der Hand halte, hängen an einem Baum von oben weiße, aus Holz gebildete Tauben herab. Symbol des Friedens. Neben dem Kriegerdenkmal. Ich verabschiede mich nun von dem Ehepaar und gehe Richtung Baum, stelle mich darunter und halte meinen Papierkranich für einen Moment zu den Holztauben empor. Als ich mich nochmals zur anderen Straßenseite umdrehe, sehe ich das Ehepaar lächeln und winken.

  4. 4
    Galactic Dreams mitten in Haidhausen (2020)

    Das Hotel „Stadt Rosenheim“

    Eigentlich sollte die Adresse Orleansplatz 6a nur ein Treffpunkt für eine Führung werden. Dann aber wurde sie zum Beginn einer galaktischen Nacht!
    Aber Schritt für Schritt:

    Orleansplatz 6a ist die Hoteladresse in München, denn sie gehört dem familiengeführten Designhotel „Stadt Rosenheim“. Für mich mit seinen 51 individuell, künstlerisch innenarchitektonisch gestalteten Zimmern Münchens schönstes Hotel. Ich wollte es nach einem Besuch der ansprechenden Internetseite einmal hautnah erleben und habe eine Nacht dort verbracht.

    Das Doppelzimmer 404 befindet sich im 4. Stock mit Blick auf den Ostbahnhof. Vom Verkehr der Orleansstraße war nichts zu hören! Das Zimmer selbst — ein Traum! Im Jahr 2011 wurde es von 501 Gästen „Galactic Dreams“ getauft, denn seine Decke öffnet den Blick mittels einer Design- Tapete in galaktische Fernen. Buntes Sternenlicht leuchtet aus den schwarzen Tiefen des Alls direkt über dem ausgesprochen angenehmen Bett mit den unterschiedlichsten, in perfektes Weiß gehüllten Kissenformaten. Hier bleibt kein Wunsch unerfüllt.

    Die beiden beweglichen Designlampen – von ihrer Form ein bisschen an Saturn erinnernd — zaubern ein wunderbares Licht- und Schattenspiel an die Wand und leiten zusammen mit einem Kunstdruck von Caspar David Friedrichs „Riesengebirge“ stimmungsvoll zum magischen Himmelszelt über. Die rostroten Vorhänge bringen einen wunderbar warmen Farbklang in den Raum. Behaglich liegt man unter Sternenlicht mit Blick auf ein Foto unseres Planeten. Aus der Perspektive des Weltraums taucht Mutter Erde an der gegenüberliegenden Wand auf. So kann man sich gut Gedanken machen über Gott und die Welt. Auf welchem Planeten man sich wohl gerade befinden mag? Auf dem Mars oder auf der Venus?

    In seiner eleganten Schlichtheit ist auch das geräumige Badezimmer mit den Designfließen einfach traumhaft: Die Handtücher strahlend weiß und weich, Seife, Duschgel, Shampoo und Bodylotion von L’Occitane nehmen das Thema Frankreich im Haidhauser Franzosenviertel auf und erfreuen einfach die Sinne.

    Und dann die Treppenhalle! Gerne schwingt man sich hier Treppe für Treppe nach oben in den 4. Stock, beinahe getragen von einem weichen, orangefarbenen Teppichlauf. Das Treppenhaus ist für sich ein Kunstraum mit seiner original Design-Tapete aus den 1960er Jahren, die schlanke, belaubte Bäume in grau und schwarz vor weißem Hintergrund in Szene setzt. Wir sind im Zauberwald! Große Spiegel an einer Treppenseite erweitern den Raum und bieten überraschende Perspektiven. Von oben schweben in der rechteckigen Treppenhalle runde Lampen über alle Stockwerke hinweg anmutig herab. Durch die gläserne Pyramide an der Decke blickt man in den Himmel, während unten eine immer mit frischen Äpfeln gefüllte Schale die Gäste erwartet. Dazwischen ein angenehmer unaufdringlicher Klangteppich, der das Treppensteigen nachts begleitet.

    Steigt man am nächsten Morgen hinunter, wartet das Hotel mit einem ausgezeichneten frischen Frühstücksbuffet bestückt mit ganz regionalen Produkten auf: frische Semmeln und köstliches knuspriges Brot vom Bäcker Brücklmaier aus Perlach, Wurstwaren vom Metzger Boneberger aus Schongau, frische Eier vom Bauern Brandhuber aus Erding, Dinzler-Kaffee vom Irschenberg, Tee von der Chiemgauer Tee-Manufaktur Bioteaque und eine wunderbare Obstauswahl vom Obst-und Gemüsehändler Wagner aus Haidhausen. Alles in allem auch ein Traum!

    Kurzum. Mein Kurzurlaub in der eigenen Stadt war galaktisch dank des alle Sinne umgreifenden Erlebnisaufenthalts im äußerst gepflegten Hotel „Stadt Rosenheim“, mit seinem sehr zuvorkommenden Team, all den Annehmlichkeiten wie kostenlosem Mineralwasser und einer gelebten Gastfreundschaft. Eine Top-Adresse in München zum Übernachten, Genießen, Erholen, Auftanken, Ausruhen, Sich-Überraschen-Lassen und für inspirierende neue Gedanken.

    Hier die Internetseite für weitere Impressionen: www.hotel-stadt-rosenheim.de